Stephanuskirche

Köln-Riehl
Entwurf und Ausführung, 2021.

Ausgangslage

Die evangelische Stephanuskirche, 1965 erbaut von Ingeborg Winter-Bracher und Fritz Winter, musste grundlegend saniert werden, um einen Raum zu erhalten, der eine gute Aufenthaltsqualität bietet und die hierfür notwendigen Heizkosten in einem zeitgemäßen Rahmen hält. Der kaum gedämmte Innenraum wies im Alltag Temperaturen zwischen 5°C und 40°C auf.
Da die Süd-Ost- und die Süd-Westfassade vollflächig aus einer von Lothar Quinte geschaffenen spektakulären, künstlerischen Bleiverglasung bestanden, wurde ein Ansatz gesucht, der die thermische Hülle ertüchtigt und den sommerlichen Wärmeschutz gewährleistet, ohne dem Glas-Kunstwerk die Wirkung zu nehmen.
Das bestehende Gemeindezentrum mit kleinem Gemeindesaal und Büroräumen war ebenfalls stark sanierungsbedürftig. In den vorhandenen Grundrissen war die gewünschte Entwicklung des Gemeindelebens nicht mehr vorstellbar.

Ansatz

Durch die Umbauung der vorhandenen Kirche entlang des historischen Dachüberstands wurde eine neue thermische Hülle mittels einer hölzernen Pfosten-Riegelkonstruktion mit Dreifachverglasung geschaffen. In thermischen Simulationen wurde ermittelt, dass die sommerliche Wärme, die bei unverschatteten Südfassaden entsteht, aus dem Raum zwischen alter und neuer Fassade durch die natürliche, thermische Konvektion weggelüftet werden kann. So konnte die Besonnung der Bleiverglasung sichergestellt und dennoch auf eine aktive Kühlung verzichtet werden.
Nach Abbruch des sehr bescheidenen und nicht barrierefreien Gemeindezentrums, sollte ein neuer Baukörper mit stark erweitertem und flexiblerem Raumprogramm für das Gemeindeleben, sowie drei rollstuhlgerechte Wohnungen errichtet werden. Im Untergeschoss mit Lichthof befinden sich die großzügigen Jugendräume.

Städtebau

Kirche und Gemeindezentrum liegen nicht mehr wie bisher versteckt zwischen Grünflächen, sondern bilden ein Ensemble, das sich über einen hellen und lichten Kirchhof ins Quartier öffnet. Alle Körper entwickeln sich aus einem Sichtbetonsockel, der den Vorplatz als langes Bankelement mit integrierten Gemeindeinformationen gliedert.

Gestaltung

Die neue Glashülle setzt am schon vorhandenen Dachrand der Bestandskirche an, wodurch sich ein kristalliner Körper ergibt. Um diesem, eine sinnlich-materielle Anmutung zu geben, ist die äußerste der drei Scheiben auf der Außenseite mit einer Besenstrichstruktur versehen. So wird verhindert, dass ein spiegelnder, entmaterialisierter Bau entsteht. Die Struktur wurde in zahlreichen
Musterscheiben so feinabgestimmt, dass genügend Transparenz bewahrt wurde, um im Innenraum farbiges Licht auf die Oberflächen zu bringen und dennoch eine ausreichende Lichtstreuung zu erreichen, so dass zwischen Innen- und Außenraum keine eindeutige Blickbeziehung entsteht, was einer kontemplativen Stimmung im Gottesdienst abträglich gewesen wäre. Bei Dunkelheit schimmert das farbige Glaskunstwerk schemenhaft durch die strukturierte Hülle.
Im Innenraum wurde die wohl nachträglich eingesetzte Empore entfernt, um die spektakuläre Raumform erlebbar zu machen.
Die bisher geschlossenen Rückfassaden wurden geöffnet und verglast, eine neue teiltransparente Decke und ein einfacher geschliffener Estrich wurde eingebaut.
Das Gemeindezentrum erhielt, auf dem gemeinsamen Sockel aufsetzend eine gebrochen-weiße Putzfassade mit der gleichen Besenstrichstruktur wie das Glas der neuen Kirchenhülle. So entsteht ein feiner Zusammenhang der typologisch so unterschiedlichen Gebäude. Die bodentiefen Glasfassaden erhielten das gleiche Holz-Pfosten-Riegel-System wie die Kirche, deren gedeckter Farbton auch in den Lärchenholz-Fenstern und Innentüren fortgeführt wurde.